Gezeichnet by Osamu Dazai

Gezeichnet by Osamu Dazai

Autor:Osamu Dazai [Osamu Dazai]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783944751078
Herausgeber: cassverlag
veröffentlicht: 2015-09-27T16:00:00+00:00


2

Horiki und ich.

Wenn das, was in dieser Welt als »Freundschaft« bezeichnet wird, heißt, sich zu verachten, dennoch miteinander Umgang zu pflegen und sich dabei gegenseitig selbst zu entwerten, dann waren wir in der Tat »Freunde« – Horiki und ich.

Dank der Ritterlichkeit der Wirtin von Kyobashi (bei einer Frau von Ritterlichkeit zu sprechen, mag seltsam anmuten, doch besaßen nach meiner Erfahrung in der Großstadt zumindest die Frauen weit mehr von dem, was man wohl als Ritterlichkeit bezeichnen muss, als die Männer; die waren meistens hasenherzig, selbstgefällig und: knauserig) konnte ich Yoshiko zur Frau nehmen und uns in Tsukiji, nahe am Fluss, im Erdgeschoss eines hölzernen, zweistöckigen Mietshauses ein kleines Zimmer mieten. Dort lebten wir zu zweit, ich hörte mit dem Trinken auf und widmete mich fleißig der Arbeit, die ich mir nach und nach zum Beruf machen wollte – meinen Comics. Nach dem Abendessen gingen wir ins Kino, kehrten auf dem Heimweg in einem Café ein, kauften Topfpflanzen und – nein, das meiste Vergnügen bereitete mir, dem Geplauder meiner kleinen, mir von Herzen vertrauenden Braut zu lauschen und ihr zuzuschauen, und ich hegte schon, mit einem leichten Pochen in der Brust, den verwegenen Gedanken, dass am Ende auch ich menschliche Züge bekommen, dass es für mich ohne grausigen Tod abgehen könnte – als Horiki wieder bei mir auftauchte.

»Hallo! Don Juan! Seit wann schaust du denn so nachdenklich drein? Ich komme heute als Bote – von der Dame aus Koenji«, sagte er, um plötzlich, mit einer Kopfbewegung Richtung Yoshiko, die in der Kochnische Tee aufgoss, mit gedämpfter Stimme nachzufragen: »Kann ich reden?«

»Nur zu. Wir haben keine Geheimnisse«, antwortete ich ruhig.

Yoshiko war, möchte ich beinahe sagen, das personifizierte Vertrauen, sie stellte weder mein Verhältnis zu der Wirtin von Kyobashi noch, als ich ihr von dem Zwischenfall in Kamakura berichtete, das zu Tsuneko in Frage, sie schien – nicht, weil ich gut gelogen hätte, nein, selbst wenn ich ungeschminkt die Wahrheit sagte – alles nur als Scherz aufzufassen.

»Kaltschnäuzig wie eh und je, was? Die Botschaft lautet – nein, nein, nichts Ernstes: Du möchtest ab und an doch bitte auch in Koenji vorbeischauen.«

Ich hatte das alles schon beinahe vergessen, da flatterte er heran, der Rabe der Erinnerung, und hackte mit seinem Schnabel die alten Wunden auf. Sogleich standen mir alle meine Sünden und alle vergangene Scham so lebhaft vor Augen, dass ich hätte laut schreien mögen vor Angst und es keinen Augenblick länger auf meinem Platz aushielt.

»Gehen wir einen trinken!« sagte ich.

»Wohlan!« sagte Horiki.

Ich und Horiki. Wir waren uns ähnlich. Wie ein Ei dem andern, dachte ich manchmal gar. Natürlich nur, wenn wir zusammen auf Sauftour gingen – dann sahen wir uns an und wurden zusehends zu Hunden gleicher Rasse und gleicher Färbung, die ziellos über verschneite Wege hetzen.

Von dem Tag an waren wir wieder die Freunde von einst, besuchten zusammen die kleine Bar in Kyobashi, überfielen am Ende auch, zwei sturzbetrunkene Straßenköter, Shizuko in ihrer Wohnung in Koenji und blieben bisweilen gar über Nacht.

Es war eine schwüle Sommernacht, nie werde ich sie vergessen. Gegen



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